Als Mahdi neun Jahr alt ist, fällt sein Vater im Ersten Golfkrieg. Seitdem nennt man Mahdi den Märtyrersohn. In der Schule erhält er als Belohnung in allen Fächern zehn Punkte. Seine Mutter, ganz pragmatisch, kauft mit dem Geldgeschenk der irakischen Regierung eine Wohnung und eröffnet einen kleinen Laden – den nennt sie „Märtyrergemüsegeschäft“.
Der Krieg gegen den Iran bringt viele Probleme mit sich, zum Beispiel das Taubenproblem: früher friedliche Tiere, doch nun im ständigen Streit begriffen. „Ungewöhnlich hohe Verluste“ gebe es unter ihnen, berichten die Taubenzüchter. Sami, der Pate der Taubenzüchter und Mahdis Lehrmeister, erklärt das rätselhafte Verhalten: „Alles war schwarz. Beinahe an jedem Haus hingen schwarze Trauerplakate […]. Die Menschen trugen fast ausnahmslos schwarze Trauerkleider. Natürlich mussten die Tauben verstört sein. Sie haben von Natur aus Angst vor schwarzer Farbe.“
Ein Heilmittel gegen die Angst der Tauben kennt Sami indes nicht: „Wir Menschen haben uns daran gewöhnt, dass Männer an der Front sterben und im Sarg zu uns zurückkehren. […] Die Tauben verstanden das aber nicht.“
Es sind die Geschichten seiner Kindheit und Jugend, an die sich der politische Gefangene Mahdi während seiner Haft im Irak des Saddam Hussein erinnert. Draußen hat inzwischen der Zweite Golfkrieg begonnen. Als Aufständische Mahdi und seine Mitgefangenen befreien, erkennt Mahdi die Stadt nicht wieder: „Es gab keine Bilder des Präsidenten mehr, die früher sämtliche Straßen und Plätze verschandelt hatten. […] An ihre Stelle waren andere Bilder getreten. Religiöse Männer mit weißen Gesichtern und schwarzen Turbanen.“
Der stark autobiographisch geprägte Roman Die Orangen des Präsidenten erzählt von Freud und Leid einer Kindheit, von außergewöhnlichen Freundschaften sowie von Folter und Mord im irakischen Gefängnis – und kommt in einem gänzlich leichtfüßigen Schreibstil ohne Sentimentalitäten daher. Dieses Buch darf man gerne nach seinem Cover beurteilen.
In Bagdad geboren, nach zweijähriger Haft aus dem Irak geflohen, in diversen Ländern als Flüchtling unterwegs, erreichte Abbas Khider schließlich Deutschland. Für seine in deutscher Sprache verfassten Werke erhielt er unter anderem den Nelly-Sachs-Preis und den Hilde-Domin-Preis. So kann’s gehen.
Morgen erscheint Abbas Khiders neuer Roman Ohrfeige.
„Dieses Buch darf man gerne nach seinem Cover beurteilen.“ :)
:-)
Liebe Andrea,
die „Orangen“ liegen auch schon auf meinem Stapel, zusammen mit der „Ohrfeige“. Ich könnte ja mit beiden sofort und parallel loslegen… Na, da würde ich mich wohl um ganz viel Lesegenuss bringen.
Viele Grüße, Claudia
Bin auf jeden Fall auf Deine Meinung gespannt, liebe Claudia!
Das Cover sieht jedenfalls sehr ansprechend aus :-) und auch inhaltlich hast Du mich neugierig gemacht.