Rupert Kutzner 2024

Dr. Otto Klenk „hat an sich nichts gegen Fremde“. Er mag halt lieber einheimisches Essen. Klenk denkt nicht daran, „sich auffressen zu lassen von einer fremden Kultur“. Es sind bald „mehr Fremde da als Einheimische“. Da, schon wieder ein Norddeutscher. Er muss eine Statistik einsehen, wie viele Nichtbayern sich hier „eingenistet haben“. Und außerdem ist er für eine „volkstümliche Justizpolitik“.

Rupert Kutzner mit der „höckerigen Nase“ geht nicht mehr seinem erlernten Beruf nach, sondern betätigt sich als Agitator einer rechtsextremen Partei, deren Programm sich mit einigen „romantischen Fragen“ beschäftigt. Zum Beispiel wird einhundertachtziggradwendig darüber spekuliert, ob Juden „den Weltkrieg angezettelt“ hätten: „Alle Dinge werden gut und renken sich ein, sowie man nur die Parasiten ausgeschwefelt“ habe. Kurzum: „Die Kunde von dem beredten Rupert Kutzner, der genial einfache Mittel gefunden hatte, das öffentliche Leben zu säubern und auf gesunde Beine zu stellen“, verbreitet sich.

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„Wir müssen uns wie richtige Verbrecher benehmen“ – Lisa Fittko und Varian Fry: Fluchthilfe 1940/1941

„Hoffentlich komme ich nicht ungelegen“, sagt Walter Benjamin höflich zu Lisa Fittko, aber er habe erfahren, dass sie ihn „über die Grenze nach Spanien“ bringen könne.

September 1940. Der Süden Frankreichs ist noch nicht von den Deutschen besetzt. „Alles drängte nach Marseille“, schreibt Lisa Fittko. „Die Stadt war voll gepfropft mit Flüchtlingen, darunter Scharen von deutschen Emigranten. Der große Hafen – vielleicht war dort ein Ausweg aus der Falle.“ Wie unzählige andere Menschen ist Benjamin nach Marseille geflohen, um von dort ein sicheres Exilland zu erreichen. Kurz zuvor war sein erster Fluchtversuch – als Matrose verkleidet – gescheitert.

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„Wer umfällt, ist mein Feind“ – Victoria Wolff: Gast in der Heimat

Eine Kleinstadt in Württemberg: Die protestantische Claudia Dortenbach und der jüdische Helmuth Martell heiraten, bekommen zwei Kinder. Trautes Heim, Glück allein. Protagonistin Claudia ist ganz im Privaten verhaftet, im Alltag der großbürgerlichen Familie. Es sind die letzten Jahre der Weimarer Republik. Die Politik, der Antisemitismus, die Vorboten der nationalsozialistischen Terrorherrschaft finden kaum Erwähnung. Es gibt „die Welt draußen“, in der „nebenher allerlei“ läuft, „wir aber gewahrten nur unseren eigenen Bezirk“.

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Adas Raum: „In Europa wissen wir, was Kunst ist“

Guilherme Fernandes Zarco, ein „schlechtgelaunter, weil vor zwei Jahren in Konkurs gegangener portugiesischer Kaufmann“, betritt im Jahr 1459 westafrikanischen Boden. Er ist mit der São Cristóvão an der so genannten Goldküste gelandet, bei der Siedlung Totope nahe Ada im heutigen Ghana. Der Mann leidet sehr schlimm, die Hitze macht ihm zu schaffen, die Strecke vom Schiff zur Küste musste er schwimmen, seine Haut warnt ihn, doch er „muss“ hier sein, denn er braucht unbedingt Geld. Guilherme, seine europäischen Schiffskameraden sowie Kapitän Gomes (der aus „gesundheitlichen Gründen“ lieber an Bord bleibt) sind auf der Suche nach dem vermögenden Mansa Uli II., dem König von Afrika, denn Afrika ist bekanntlich ein Land.

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