Go east: Elf Stunden und fünf Minuten Erfurt

Nimmt man in einer kleinen Landeshauptstadt Westdeutschlands den ICE um 05:12 Uhr via Frankfurt/Main und jenen zurück um 20:31 Uhr, zahlt man nicht nur überzeugende 27 Euro pro Fahrt, es bleiben auch elf Stunden und fünf Minuten zur Besichtigung von Thüringens Landeshauptstadt Erfurt. Und da sieht die Reisende Folgendes:

Vor dem Bahnhof zunächst die semiikonische Begrüßung „Willy Brandt ans Fenster“ über dem ehemaligen Hotel Erfurter Hof, die an den spontanen Empfang Willy Brandts durch Erfurter Bürger*innen erinnert, nachdem dieser mit dem Sonderzug aus Westdeutschland angereist war.

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Keine Alternative

Das alles ist nicht neu. Politiker*innen und Fans der AfD treffen sich mit anderen rechtsextremen Personen oder „Vertretern“ der Neuen Rechten. Im versucht Geheimen oder öffentlich auf der Straße (remember Chemnitz) oder zum Interview, gerne auch im gesichert rechtsextremen Magazin Compact. AfD, IB, Neue Stärke, Dritter Weg, Die Heimat, Kubitschek, die so genannte WerteUnion. Man kennt sich.

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Sachor

9. November 2018, 18 Uhr. Vor der Mainzer Synagoge.

Feierabendverkehr. Menschen steigen aus dem Bus, andere kommen zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Sie bringen Kerzen mit, zünden sie an, verharren.

Neben mir ein älterer Herr aus dem Iran. Er weint.

 

Gestern

Gestern, als die Gruppe neben uns „Siamo tutti antifascisti“ anstimmt, da strahlt der ältere Herr im Sonntagsanzug. Und als die Rufe verstummen, klatscht er lautlos mit seinen zittrigen Händen und ruft ihnen zu: „Nochemol, nochemol!“

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Street Art in Ostende: The Crystal Ship

Ostende, die Peripherie: Weit, weit hinter dem Leuchtturm und der kostenlosen Fähre für Fußgänger und Radfahrer (ich wiederhole: eine kostenlose Fähre für Fußgänger und Radfahrer) hat der britische Street Artist Phlegm ein Schwarz-Weiß-Mural an der Außenwand einer Lagerhalle hinterlassen. Wie so häufig bei Phlegm, sind es surreale Fantasiegestalten aus Mensch, Tier und Maschine. Weiterlesen „Street Art in Ostende: The Crystal Ship“

Zurück nach Camden

Featuring den kleinen Charles Dickens, Amy Winehouse, Morrissey, Bücher und Nerd-Dinge nebst einem Taxifahrer sowie Street Art mit Träumer. 

„Come back to Camden“, singt der selbsternannte Tausendsassa Morrissey, und wir sind nach Camden Town zurückgekehrt, dicht zusammengepresst in der Northern Line, mit Touristen aus aller Welt.

Camden Town gehört zu den spannendsten Touri-Fallen von London, zumal die Gegend um die Main Street ein großer, bunter Outdoor-Konsumtempel für Nerds und Bibliophile ist:

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Allein unter Männern

I.

Zuerst sehe ich die Urkunden. Die Urkunden, dann das Fax-Gerät und den Computer. M. selbst sitzt am Schreibtisch, lächelt stolz, in schwarzem Anzug. „Meine Kanzlei“, erklärt er mir.

Jetzt steht M. am Grill. Ein großer Garten. „Mein Haus.“

Ziemlich keck, der Kleine, das Papier gerollt im Mundwinkel, er mimt grinsend einen Raucher. „Mein Jüngster, zwei Jahre.“ M. lächelt.

„Meine Frau.“ Sympathisch, finde ich, freundliches Lächeln. „Wo ist sie jetzt?“ „Sie wartet. Mit den Kindern.“

„Mein Auto.“ Finger huschen über das Display. Zoom. Zwei Einschusslöcher über dem Vorderreifen. Wir blicken uns an.

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