Neulich, beim Schrubben der Taubenkacke

Einen Kopf kleiner als ich und ungefähr dreißig Jahre älter. Der Herr im abgetragenen Anzug nähert sich im Zickzackkurs, während ich der urbanen Taubenkacke den Kampf ansage. Mit einem kleinen Zettel in der Hand winkt er mir zu, deutet auf sich selbst und sagt: „Syrien.“

„Hallo“, sage ich so weltoffen, wie es einem Deutschen möglich ist.

„Wo?“, fragt der Herr und deutet auf seinen Notizzettel. Dort steht Syrischer Imbiss, F.gasse.

Ich kenne den Namen der Gasse, bin mir aber nicht sicher, wo sie liegt.

„Ich glaube, es ist in diese Richtung.“ Ich weise Richtung Innenstadt – und merke, dass ich zu schnell spreche. Im bewährten Ausländer-verstehen-bestimmt-den-Kindersprech-Infinitiv ergänze ich: „Besser andere Person fragen.“

Wir blicken uns um. Deutschland spielt gegen Portugal. Erste Halbzeit. Es gibt keine andere Person.

Gemeinsam starren wir ins Nichts. Dann kommt eine Teenie um die Ecke.

„Hi, weißt du, wo die F.gasse ist?“ brülle ich sie durch ihren Kopfhörer an.

Sie blickt auf den Notizzettel, hakt sich bei dem Herrn ein und sagt ganz sanft: „Ich bringe Sie hin.“

Und ich denke, was für ein freundliches Land wir manchmal sein können.

21 Kommentare zu „Neulich, beim Schrubben der Taubenkacke

  1. Dass du dich bemüht hast hilfreich zu sein, wundert mich ja überhaupt nicht. Schon eher find ichs verwunderlich, dass du dir nicht auch das Fußballspiel angeschaut hast
    Vielleicht solltest dich allerdings mal in Mainz besser umschauen, dass du das nächste mal direkt sagen kannst, wo die F.gasse ist. Es gibt doch einen Green City Guide Mainz. Steht da so was nicht drin? :-)

    Aber im Ernst, die Geschichte ist schön! Weiter so!

    1. Das stelle ich auch immer wieder fest, dass Jugendliche hilfsbereit und freundlich sind. Vielleicht kommt es ja auch darauf an, wie man ihnen begegnet.

      1. ganz sicher … aber meist sind sie offener … und das zu beobachten bringt mich immer wieder dazu meine eigene Engstirnigkeit aufzubrechen ;)

  2. Feasgair math, Andrea.
    Wie sich Deppen überall finden laßen, findet man/frau auch Leute mit höflicher Attitüde anderen Mitmenschen gegenüber. Ist einfachste Kinderstube – eigentlich.

    Doch ja, es gibt mitunter Alternativen zum Beobachten diverser Balltretereien in Übersee! :-)

    bonté

  3. Es beruhigt mich, dass selbst Du hin und wieder in den Kindersprech-Infinitiv verfällst. Mir geschieht das auch. Und ich weiß nie, ob ich dem Gegenüber geholfen habe, mich selbst bloßgestellt habe, oder den Gegenüber veräppelt. Grüße

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